Nicht nur die bundesweit bekannten Fälle von Gustl Mollath oder Ilona Haselbauer machen deutlich, dass es grundsätzliche und strukturelle Defizite im Maßregelvollzug gibt, die zu unverhältnismäßigen Eingriffen in die Freiheitsrechte Einzelner führen. Zur Realität gehören falsche Einstufungen als psychisch krank und gefährlich, aber auch, dass vermindert Schuldfähige und Schuldunfähige oft sehr lange und ohne zeitliche Begrenzung festgehalten werden.
Die Reform der Bundesregierung versucht diese Unverhältnismäßigkeit etwas zu korrigieren. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung. Die dringend notwendige umfassende Reform bleibt jedoch aus. Das sehen auch viele Fachverbände und Jurist*innen so, die befürchten, dass die vorgeschlagenen Änderungen sich kaum auf die Praxis auswirken werden.
In unserem grünen Entschließungsantrag fordern wir, dass eine strafrechtliche Maßregel zu keinem stärkeren Grundrechtseingriff führen darf als die Kriminalstrafe. Deshalb muss die Freiheitsentziehung aufgrund strafrechtlicher Unterbringung zeitlich begrenzt sein und darf nicht länger dauern als eine Freiheitsstrafe, die wegen der jeweiligen Anlasstat in Betracht gekommen wäre. Weiterhin als gefährlich eingeschätzte Personen würden aber auch nach Ablauf dieser Höchstdauern nicht etwa unkontrolliert entlassen werden müssen. Vielmehr richten sich in solchen Fällen weiter erforderliche Hilfen für psychisch Kranke oder eine aus Gründen der Gefahrenabwehr erforderliche Unterbringung nach dem jeweiligen Landesrecht.
Die Reform der Bundesregierung vernachlässigt zudem die in der Anhörung des Rechtsausschusses vom 15. Februar 2016 fast einhellig von den medizinischen und juristischen Sachverständigen vorgetragene Notwendigkeit, den Maßregelvollzug stärker für ambulante Behandlungs-und Sicherungsmaßnahmen zu öffnen. Sowohl aus Gründen der Verhältnismäßigkeit als auch zur Gewährleistung möglichst erfolgreicher Behandlungen darf der Maßregelvollzug nicht auf die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus beschränkt bleiben. Es muss sichergestellt sein, dass in Fällen, in denen dies ohne eine Gefährdung der Allgemeinheit möglich erscheint, weniger einschneidende, nicht freiheitsentziehende Maßnahmen geprüft und wenn möglich angeordnet werden.
Grüner Entschließungsantrag