Video zur Rede
Video zur gesamten Debatte
Vizepräsidentin Petra Pau:
Das Wort hat die Kollegin Klein-Schmeink für die
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Maria Anna Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN):
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte
Präsidentin! Ich will jetzt etwas tun, was vor mir
gar nicht so viele getan haben, nämlich tatsächlich auf
den vorliegenden Antrag eingehen. Wir reden ja heute über einen SPD-Antrag, der es unserer Meinung nach
verdient hat, gewürdigt zu werden.
(Beifall bei der SPD)
Herr Rüddel, wenn Sie anbieten, gemeinsam Positionen
zu entwickeln, dann hätte es Ihnen auch gut angestanden,
das zu tun. Denn in diesem Hause gibt es eine
relativ breite Übereinstimmung darin, auf ein modernes
partnerschaftliches Verhältnis zwischen Arzt und Patienten
zu setzen, statt einen Konflikt zwischen ihnen heraufzubeschwören.
Zum einen stellt sich die Frage, welche
Rahmenbedingungen wir brauchen. Zum anderen
müssen wir in den Fällen, in denen die Patienten
schwach sind und sich nicht durchsetzen können, unsere
Schutzfunktion als Gesetzgeber wahrnehmen. Diese
Punkte gehören eng zusammen.
Ich glaube – das kann man auch als politischer Wettbewerber
sagen –, der SPD-Antrag wird in großen Teilen
beiden Punkten gerecht.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
und bei der SPD)
– Genau. Das können Sie gerne bestätigen. – Denn in
dem Antrag werden verschiedene Aspekte angesprochen,
zum Beispiel die Frage, was an Information nötig
ist, welche Unterstützung im Verlauf der Leistungserbringung
gegeben sein muss und was an Fehlervermeidungskultur
und Qualitätssicherungssystemen erforderlich
ist. Er geht darauf ein, was nötig ist, um die
Behandlungssituation insgesamt sicherer zu machen,
und welche Unterstützung diejenigen brauchen, die Opfer
eines Behandlungsfehlers geworden sind, aus welchen
Gründen auch immer er gemacht worden ist.
Von daher ist dem Antrag Respekt zu gewähren. Von
unserer Seite heißt das nicht, dass wir alle Punkte abschließend
behandelt finden. Es gibt etliche Positionen,
die wir gerne genauer gefasst hätten, und Etliches ist
durch den Lauf der Ereignisse längst erledigt. Die unabhängigen
Beratungsstellen müssten aus unserer Sicht
viel stärker ausgebaut werden, wenn wir dem Anspruch
gerecht werden wollten, tatsächlich für Information und
Unterstützung von Patienten auf gleicher Augenhöhe zu
sorgen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie
der Abg. Kathrin Vogler [DIE LINKE])
So viel zum Antrag.
Jetzt komme ich zu dem, wofür Sie von der Koalition
den heutigen Tag auch genutzt haben, nämlich das gemeinsam
vereinbarte Grundlagenpapier für ein Patientenrechtegesetz
vorzustellen und auch ein bisschen zu
feiern. In der Tat gebührt dem Patientenbeauftragten der
Bundesregierung insofern ein Lob,
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
als dass er es geschafft hat, ein Stück weit über Ihre
Koalitionsvereinbarung hinauszugehen. In Ihrem Koalitionsvertrag
steht nur, dass Sie die geltenden Rechte
bündeln wollen. Herr Zöller hat aufgrund des Kontaktes
und der Auseinandersetzung mit Patientenorganisationen
dafür gesorgt, dass auch Bereiche, die ursprünglich nicht Bestandteil Ihres Papieres waren, einbezogen werden,
Bereiche, die auch im SPD-Antrag berücksichtigt
werden.
Gleichwohl will ich an dieser Stelle auf einen besonderen
Unterschied hinweisen. Sie sprechen in Ihrem
Koalitionsvertrag nicht von einem Patientenrechtegesetz,
sondern von einem Patientenschutzgesetz. Dieser
eigentlich sehr engen Auffassung werden Sie aber mit
dem Grundlagenpapier in keiner Weise gerecht; das
finde ich schon erstaunlich.
Schauen wir uns an, welche Vorschläge Sie für eine
Fehlervermeidungskultur machen. Sie setzen im Bereich
der Patientensicherheit auf freiwillige Anreize, die heute
in 900 Krankenhäusern schon bestehen. Aber es geht
jetzt darum, das Recht des Patienten auf eine sichere und
gute Versorgung so festzuschreiben, dass in allen Krankenhäusern
und Praxen bestimmte qualitätsgesicherte
und risikogeprüfte Verfahren eingehalten werden.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
und bei der SPD)
Keiner von uns steigt in ein Flugzeug, ohne darauf zu
vertrauen, dass zuvor ein Sicherheitscheck durchgeführt
wurde. Auch Patienten haben Anspruch auf einen solchen
Check. Das muss rechtsverbindlich geregelt werden.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wenn es darum geht, Patienten zu ihrem Recht zu
verhelfen, wenn sie Opfer von Behandlungsfehlern geworden
sind, bleiben Sie weit hinter dem zurück, was eigentlich
notwendig wäre. Sie versuchen zwar, die Rechtsprechung
ein Stück weit in Recht zu fassen, machen das
aber handwerklich so schlecht, dass die Patienten letztendlich
schlechter gestellt werden. Da müssen Sie dringend
nachlegen und korrigieren. Wir werden den Gesetzgebungsprozess
und den Diskussionsprozess nutzen,
um auf diese Mängel hinzuweisen.
Präsident Dr. Norbert Lammert:
Frau Kollegin!
Maria Anna Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN):
Ich nehme gerne das von Ihnen unterbreitete Angebot
an, Herr Rüddel, gemeinschaftlich an einer Verbesserung
zu arbeiten. Sowohl der vorliegende SPD-Antrag als
auch der Antrag, den wir in Kürze einbringen werden
und der weitere qualifizierte Vorschläge beinhalten wird,
und auch Ihr Grundlagenpapier werden Grundlage weiterer
Diskussionen sein. Heute haben wir sicherlich nicht
das letzte Mal darüber diskutiert.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
sowie bei Abgeordneten der SPD)