Zum MPK-Beschluss und der aktuellen Corona-Lage erklären Kordula Schulz-Asche, Berichterstatterin für Infektionsschutz der grünen Bundestagsfraktion und Maria Klein-Schmeink, stellvertretende Fraktionsvorsitzende und Sprecherin für Gesundheitspolitik der grünen Bundestagsfraktion: 

Die von der Bundeskanzlerin und Ministerpräsidentinnen und –präsidenten ausgearbeitete Öffnungsstrategie ist gescheitert. Infektionsschutz und Kontaktbeschränkungen sind angesichts der steigenden Zahlen notwendig. Wer den ersten Schritt vor dem zweiten macht, läuft am Ende rückwärts.  Die Verantwortung dafür, dass es wieder einmal so weit kommen musste, trägt die Bundesregierung. Es ist ein Offenbarungseid, dass die Bundesregierung und die Länder über 12 Stunden miteinander ringen müssen, um sich darauf zu einigen, dass die im letzten Beschluss vereinbarte Notbremse konsequent umgesetzt wird.  

Vor diesem Hintergrund muss sich jeder fragen, mit welcher Konsequenz denn dann die anderen Forderungspunkte verfolgt werden sollen. 

Das schlechte Krisenmanagement der Bundesregierung führt zu Verwirrung und sinkender Akzeptanz. Der Beschluss der MPK kann erneut keine Abhilfe schaffen, denn er setzt wieder auf das falsche Pferd:  

Es fehlt an einer Gesamtstrategie, die einen umfassenden Public-Health-Ansatz miteinschließt.  
Den Bürgerinnen und Bürgern wird immer schwerer zu vermitteln sein, dass die Einschränkungen im privaten Bereich weiter zunehmen, wenn zeitgleich bei Home-Office und Test-Vorgaben für die Betriebe und Unternehmen weiterhin nur auf Appelle und Freiwilligkeit gesetzt wird. Hier müssen konsequent verpflichtende Vorgaben gemacht werden. Die faktische Aussparung der Arbeitswelt bei der Umsetzung wirkungsvoller Infektionsschutzmaßnahmen muss beendet werden.  

Kinder müssen oberste Priorität haben. Die wieder nur sukzessive auszuweitenden Tests in Schul- und Betreuungseinrichtungen sind nicht ausreichend, wenn wir unseren Kindern eine sichere Teilhabe und Bildung ermöglichen wollen.  

Aber auch in anderen Bereichen mangelt es immer noch massiv an ausreichenden Testkapazitäten. Die angekündigte Testoffensive der Bundesregierung, um Öffnungen zu begleiten, kriecht weiterhin nur im Schneckentempo vorwärts. Erneut übernimmt – trotz extra gegründeter Taskforce  niemand dafür die Verantwortung, wie die notwendige massive Erhöhung der Schnelltestkapazitäten rasch zu erreichen ist. Die Bundeskanzlerin beschränkt sich in der MPK auf süffisante Äußerungen gegenüber ihrem Minister Scheuer, der wie zu erwarten auch in der Taskforce versagt, anstatt endlich personelle Konsequenzen zu ziehen. Es scheint, als hätte die Bundeskanzlerin zum Ende ihrer Kanzlerinnenschaft jeglichen Willen zum konsequenten Handeln verloren. Armin Laschet, der als CDU- Vorsitzender laut Teilnehmern erklärt haben soll, dass die Linie der Unionsländer sei, »dass wir jetzt nichts per Verordnung regeln, sondern noch abwarten«, macht deutlich, dass die CDU insgesamt zunehmend als gestaltende Kraft zur Bewältigung der Pandemie nicht nur ausfällt, sondern mittlerweile einen maßgeblichen Anteil daran hat, dass Deutschland im internationalen Vergleich bei der Bewältigung der Krise immer weiter zurückfällt. 

 

Aber nicht nur die halbgaren und wenig ausgefeilten Maßnahmen als Antwort auf die rasch steigende Infektionsdynamik kratzen an der Akzeptanz der Bürgerinnen und Bürger. Das medial zur Schau getragene Spektakel der nächtlichen MPK-Beratungen suggeriert, dass es eine Frage von gutem Verhandlungsgeschick sei, wie dem Coronavirus beizukommen ist. Dies und eine weiterhin fehlende Gesamtstrategie über den 18. April hinaus, werden der Akzeptanz und dem Vertrauen in der Bevölkerung massiv schaden.  

 

Die mangelnde Berücksichtigung und Kommunikation von wissenschaftlich begründeten Empfehlungen sind seit Beginn der Pandemie der große Schwachpunkt dieser Bundesregierung. Die Regierung, allen voran Minister Spahn und Kanzlerin Merkel, muss endlich ihre Skepsis gegen ein interdisziplinäres Beratungsgremium aufgeben. Der von uns geforderte Pandemierat würde ganz wesentlich dazu beitragen, die Kommunikation zu verbessern. Ohne eine massive Kommunikationskampagne zur Akzeptanzsteigerung in der Bevölkerung wird es in dieser Phase der Krise aber nicht mehr gehen. Wir haben keine Zeit mehr für langwierige MPK-Debatten. Infektionsschutzmaßnahmen müssen endlich verbindlich, konsistent und vorausschauend beschlossen und umsetzt werden.“