Im Bundestag soll am Freitag, 23. Juni 2017 ein gemeinsamer Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen, CDU/CSU und SPD beschlossen werden, der eine Stärkung der Suizidprävention in Deutschland fordert. Dazu erklärt Maria Klein-Schmeink, gesundheitspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen:
„Noch immer ist das Thema Suizid in unserer Gesellschaft tabuisiert und mit vielen Vorurteilen belastet. Diese Tabus müssen wir überwinden, damit Betroffene sich trauen, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Menschen in schweren Krisen dürfen nicht allein gelassen werden, sondern müssen niedrigschwellig und schnell qualifizierte Hilfe finden. Nach intensiven Bemühungen von Verbänden und uns Grünen beschließen wir im Bundestag nun endlich einen interfraktionellen Antrag, der sich für eine verbesserte Suizidprävention einsetzt. Das ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.
Damit wird ganz deutlich, was wir schon lange fordern: Das Thema Suizidprävention eignet sich nicht für den politischen Parteienstreit, sondern erfordert gesamtgesellschaftlichen Einsatz. Es bedarf einer Gemeinschaftsanstrengung, um das Thema aus Verdrängung, Tabu und Scham herauszuholen und Betroffenen frühzeitig Hilfe zu bieten. Gerne hätten wir auch die Linke in den interfraktionellen Antrag mit einbezogen, aber das war mit der Union nicht möglich.
Bereits 2015 haben wir uns mit einem eigenen grünen Antrag für eine Stärkung der Suizidprävention eingesetzt. Ich freue mich, dass nun auch die Große Koalition die Wichtigkeit des Themas erkannt hat. Viele unserer grünen Forderungen finden sich im überfraktionellen Antrag wieder. Um Angehörige und Betroffene über Suizidalität und Beratungsangebote zu informieren, soll die Bundesregierung Aufklärungskampagnen unterstützen. Auch Forschungsvorhaben im Bereich Suizidprävention sollen stärker finanziell gefördert werden. Sogenannte „Hot Spots“, also Orte an denen viele Suizide begangen werden, müssen besser gesichert werden. Außerdem fordern wir: Wer Unterstützung braucht, muss kurzfristig Zugang zum Psychotherapeuten oder zur Psychiaterin bekommen.
Wichtig ist zudem, Hilfsangebote für spezielle Zielgruppen wie Jugendliche oder ältere Menschen zu schaffen. Ältere Menschen begehen überdurchschnittlich viele Suizide: 38 Prozent aller Suizide werden von über 65-Jährigen verübt, obwohl diese Altersgruppe nur 21 Prozent der Bevölkerung ausmacht. Fehlende soziale Kontakte und Einsamkeit, Hilfsbedürftigkeit und Pflegebedürftigkeit durch chronische Erkrankungen, aber auch Altersarmut und das Gefühl des „zur Last Fallens“ werden als Gründe genannt. Hier fordern wir passende Beratungs- und Behandlungsangebote. Ältere Menschen dürfen mit ihren Ängsten und Sorgen nicht allein gelassen werden.
Sehr bedauerlich ist, dass die Große Koalition sich beim Thema Dolmetschereinsätze für Menschen mit Migrationshintergrund nicht mitgegangen ist. Eine gute Gesundheitsversorgung ist Grundvoraussetzung für Integration. Damit Ärztinnen und Psychotherapeuten ihre Patienten angemessen behandeln können, ist es unverzichtbar, dass die Kosten für qualifizierte Sprachmittlung im Rahmen medizinischer und psychotherapeutischer Behandlung von den Krankenkassen übernommen werden. 
Einen ersten Erfolg für eine Stärkung der Suizidprävention konnten wir schon bei den Haushaltsverhandlungen im November 2016 erzielen. Die Bundesregierung übernahm unseren grünen Änderungsantrag, durch den nun im Gesundheitsministerium ein neuer Förderschwerpunkt Suizidprävention geschaffen wurde. Dass diese Fördermittel und der interfraktionelle Antrag dringend nötig sind, zeigen die neuesten Zahlen des Statistischen Bundesamtes: Im Jahr 2015 starben in Deutschland 10.080 Menschen durch Suizid. Das sind mehr Menschen als durch Verkehrsunfälle, eine Überdosis illegaler Drogen und Gewalttaten zusammen. Die hohe Zahl der Suizide macht deutlich, dass wir mehr tun müssen im Bereich Suizidprävention.“