Den Zuschlag für die Unabhängige Patientenberatung (UPD) in Höhe von 63 Mio. Euro für die nächsten sieben Jahre erhält ab 2016 die Sanvartis GmbH. Das Unternehmen betreibt ein Callcenter, das im Wesentlichen ein privatwirtschaftlicher Dienstleister für Krankenkassen und Leistungserbringer ist. Auch wenn eine nominell unabhängige neue Gesellschaft gegründet wurde, sind Interessenkonflikte vorprogrammiert. Wir haben mit Fragen an die Bundesregierung, im Gesundheitsausschuss sowie mit viel Pressearbeit das Vergabeverfahren heftig kritisiert und uns dafür eingesetzt, dass die Patientenberatung nicht an Sanvartis vergeben wird. Mit einer aktuellen Kleinen Anfrage an die Bundesregierung wollten wir Details der Angebote in Erfahrung bringen, die zur Entscheidung der Vergabe an Sanvartis geführt haben.
Aus der Antwort der Bundesregierung geht hervor, dass bedenkliche Verbindungen zwischen Sanvartis und UPD bestehen. So wird den Berater*innen ein von Sanvartis lizensiertes Wissensmanagementsystem zur Verfügung gestellt, das von Mitarbeiter*innen der UPD nur noch angepasst und aktualisiert wird. Die UPD berät künftig also anscheinend auf Basis von Wissensbausteinen, die für die Kassen- und Pharmaberatung erstellt wurden. Darüber hinaus teilen UPD und Sanvartis auch Mitarbeiter*innen: Bei kurzfristigen Kapazitätsengpässen im Annahmelevel kommen Mitarbeiter*innen von Sanvartis zum Einsatz.  Auf Fragen zur konkreten Stellenbesetzung und deren Qualifikationsanforderungen oder zur Auftragsvergabe an nachgelagerte Auftragnehmer verweigert die Bundesregierung Antworten. Die Antwort der Bundesregierung zeigt, dass der befürchtete Kahlschlag der Beratung vor Ort Realität wird. Zwar wird es in Zukunft an mehr Orten Beratungen geben (30 Beratungsstellen), allerdings sind insgesamt nur sechs Vollzeitäquivalente dafür vorgesehen. Das bedeutet im Durchschnitt acht Stunden/Woche pro Ort. Viele Ratsuchende, die Zeit und Vertrauen benötigen, um über ihre komplexen Probleme zu sprechen, werden so nicht mehr erreicht. Die psychosoziale Beratung soll in Zukunft im Vergleich zur medizinischen und rechtlichen Beratung nur eine untergeordnete Rolle spiele. Das eingeschränkte Angebot wird gerade zu Lasten der Personen gehen, für die eine gute Beratung besonders wichtig ist: chronisch Kranke, Ältere und Menschen mit geringem Einkommen.
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