Der Nationalen Kohorte liegt derzeit ein Konzept zugrunde, das man gemessen am bereits erreichten gesundheitswissenschaftlichen wie sozialmedizinischen Forschungsstand als Rückschritt werten muss. Damit würden große Chancen auf Erkenntnisse zur Verbesserung der Bevölkerungsgesundheit vertan, was wegen der langen Laufzeit von rund 30 Jahren und der vorgesehenen steuerlichen Fördermittel besonders ärgerlich ist. Völlig unverständlich ist der Standpunkt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), als Förderer keinen Einfluss auf die wissenschaftliche Konzeption nehmen zu dürfen, wenn das gleichzeitig bedeutet, dass auch eine einseitig biomedizinisch-naturwissenschaftliche Studienausrichtung akzeptiert werden muss. Unzutreffend ist die Aussage des BMBF, dass Teilnehmende aus bildungsfernen Schichten und mit Migrationshintergrund aufgrund der Zufallsauswahl der Teilnehmenden in ausreichender Zahl einbezogen würden. Denn Ergebnisse und Erkenntnisse für diese Bevölkerungsgruppen sind nur dann aussagekräftig, wenn sie in der Stichprobe überproportional vertreten sind (sog. Oversampling). Für ein solches Vorgehen fehlen jedoch die finanziellen Mittel, weil der Großteil der Fördergelder bereits fest für die Anschaffung und Nutzung medizinischer Großgeräte wie Magnet-Resonanz-Tomographen (MRT) reserviert ist. Welchen Beitrag eine Kohortenstudie etwa zur Entwicklung von Strategien zur Verringerung der gesundheitlichen Ungleichheit und Stärkung der gesundheitsbezogenen Chancengerechtigkeit liefern kann, das wird maßgeblich bereits mit der Konzeption der Studie entschieden. Aus Sicht des BMBF kann ein solcher Studiennutzen erst mit Vorliegen der Ergebnisse beurteilt werden, das ist schon arg blauäugig! Fest steht, dass sich aus medizinischen Daten keine bevölkerungsweite Strategie ableiten lässt zur wirksamen Verbesserung der Gesundheit der Bevölkerung. Die Bundesregierung muss jetzt Transparenz über die Studienkonzeption herstellen, da sich einseitige und fehlerhafte Planungen mittelfristig nicht mehr korrigieren lassen.
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[Antwort der Bundesregierung]