Transkript der Rede als Auszug aus dem Plenarprotokoll:

Maria Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen hier im Haus! Es ist eigentlich selten, dass anlässlich eines Antrages der Linken der Vorwurf von Ideologie im Raum steht, wo ich fragen würde: Aus welchem Antrag nehmen Sie das eigentlich?
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)
Jedenfalls das, was in diesem Antrag geschrieben steht, rechtfertigt in keiner Weise irgendeinen Ideologievorwurf.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN – Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Das sehen wir anders! – Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Das sehen viele anders!)
Worum geht es? Es wird aufgezeigt, dass es eine Gruppe gibt, die nicht wie alle anderen hier in Deutschland freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung Mitglied werden können und dafür von ihrem Arbeitgeber auch einen Zuschuss erhalten. Genau das ist heute die Sachlage für die Beamtinnen und Beamten in diesem Land. Das ist einfach eine Ungerechtigkeit.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)
Und es ist natürlich das Gegenteil von einer faktischen Wahlfreiheit. Das sind die Worte, die Sie gerne im Mund führen und wo Sie immer sagen, dass Sie sich als Anwältinnen und Anwälte einer solchen Position verstehen. Deshalb verstehe ich in keiner Weise, warum Sie mit diesem Anliegen, das sehr sachlich vorgetragen wurde und aufgeschrieben ist, nicht wirklich argumentativ umgehen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)
Man muss ganz klar sagen: Wir haben 10 Prozent Beamtinnen und Beamte, die die freiwillige Mitgliedschaft in der GKV unter anderem deshalb wählen, weil sie entweder vorerkrankt sind und sich in der GKV besser aufgehoben fühlen, weil sie wenig Einkommen haben und deshalb mit einkommensbezogenen Beiträgen sehr viel besser dastehen, selbst wenn sie den gesamten Beitrag zahlen, oder weil sie viele Kinder haben. Auch das ist ein Vorzug der gesetzlichen Krankenversicherung. Warum schließen wir um Himmels willen die Beamtinnen und Beamten von diesen Vorzügen aus? Für mich ist das nicht nachvollziehbar.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Dann haben Sie davon gesprochen, dass die Aufstellung verfassungsrechtlich und beamtenrechtlich so sei, dass sie versicherungsneutral sei, also jeder die Möglichkeit hätte. Aber faktisch können wir nicht davon sprechen. Das ist sehr deutlich geworden.
Dann sprechen Sie davon, dass es Mehrbelastungen für den Staatshaushalt gebe. Kurzfristig mag das so sein.
Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich:
Frau Kollegin, lassen Sie eine Zwischenfrage von Frau Aschenberg-Dugnus zu?
Maria Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ja, ich lasse sie zu.
Christine Aschenberg-Dugnus (FDP):
Vielen Dank, Frau Kollegin, für die Zulassung der Frage. – Mich wundert, dass Sie die Wahlfreiheit immer nur von einer zur anderen Seite sehen, nämlich von der PKV in die GKV. Bei Beamten ist das noch nachvollziehbar, aber wir haben schließlich eine Versicherungspflichtgrenze. Auch denjenigen Arbeitnehmern, die weniger als 5 000 Euro im Monat bzw. 60 000 Euro im Jahr verdienen, versagen Sie die Wahlfreiheit, in die PKV zu gehen. Mich stört an unserer Diskussion, dass Ihrer Meinung nach die Wahlfreiheit immer nur in eine Richtung geht.
(Beifall bei der FDP)
Maria Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Frau Kollegin, wir reden heute über einen Antrag, bei dem es erst einmal um die Wahlfreiheit für die Beamtinnen und Beamten geht. Wir könnten an anderer Stelle noch einmal ausführlicher über verschiedene Aspekte von Wahlfreiheit reden, aber nicht heute Abend.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Hier geht es um eine ganz bestimmte Gruppe von Beamtinnen und Beamten, die diese Freiheit heute nicht haben, sondern mit ihren Beiträgen alleingelassen werden.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Genau das ist Gegenstand des Antrages der Linken. Ich muss sagen: Ich kann viele dieser Einlassungen, die gerade gemacht worden sind, nicht verstehen.
Dann waren wir bei dem Argument „Mehrbelastung für den Staatshaushalt“. Schauen Sie sich an, welche Welle und Woge von Mehrbelastungen insbesondere auf die Länderhaushalte, aber auch auf den Bund zukommen, wenn wir erst einmal die gesamten Pensionslasten und damit auch die Beihilfelasten zu stemmen haben. In größerem Umfang sind sie in den Länderhaushalten nicht wirklich verzeichnet und bereits berechnet. Auch beim Bund haben wir an dieser Stelle Probleme.
(Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Aber die kommen doch zusätzlich dazu!)
Das sind die Ausgaben, die auf uns zukommen, die in der Zukunft massiv unsere Haushalte belasten werden.
(Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Aber die kommen obendrauf!)
Das ist die eigentliche Sicht, die wir brauchen, nicht die kurzfristige.
(Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Es kommt noch einmal etwas darauf!)
Es stimmt, wenn wir kurzfristig schauen; allein wenn wir sehen, wie die Beamten, die in der GKV sind, durch ihren Dienstherrn nicht unterstützt werden, wäre das eine kleine Mehrbelastung. Aber sie steht in keinem Verhältnis zu dem, was an Pensionslasten und Beihilfelasten auf unsere öffentlichen Haushalte zukommt. Es gibt ja nun auch genug Studien, die zeigen, dass sich eine Einbeziehung der Beamten im Gegenteil für die öffentlichen Haushalte rechnen würde, aber eben erst mittel- und langfristig.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Dann hatten wir das ganze Argument der Bürokratie. Da muss ich wirklich sagen: Da hört es dann tatsächlich auf. Schauen Sie sich an, was im Beamtenrecht alles notwendig ist. Wir haben die Abrechnung der Beihilfe, und wir haben zusätzlich für die gleichen Leistungen noch einmal die Abrechnung der PKV. Das heißt, wir haben doppelte Bürokratie. Das sind wirkliche Bürokratielasten, und da können wir tatsächlich viel sparen. Aber jetzt an dieser Stelle geht es einfach nur darum,
(Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Sehr einseitig!)
sich die Situation vorbehaltlos anzuschauen und herauszufinden, wie Wahlfreiheit für die Beamtinnen und Beamten geschaffen werden kann. Es geht ja nicht darum, irgendjemandem etwas vorzuschreiben, sondern darum, eine Möglichkeit einzuräumen. Dazu sind Sie, so scheint es, nicht in der Lage und nicht bereit. Das halte ich für bedauerlich.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)