Zum vorgestellten Gutachten des Sachverständigenrates Gesundheit zur „Bedarfsgerechten Steuerung der Gesundheitsversorgung“ zum Schwerpunkt „Koordinierte Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen“ erklärt Maria Klein-Schmeink, gesundheitspolitische Sprecherin:
„Der Sachverständigenrat Gesundheit hat letzte Woche sein Gutachten zur „Bedarfsgerechten Steuerung der Gesundheitsversorgung“ vorgestellt. Es ist dabei kein Zufall, dass eines der gewählten Schwerpunktthemen die Versorgung von psychisch erkrankten Menschen ist. Die Wartezeiten auf den Beginn einer Psychotherapie betragen durchschnittlich 5 Monate – auf dem Land und im Ruhrgebiet sogar noch länger. Es ist nicht zumutbar, dass psychisch erkrankte Menschen so lange auf eine Therapie warten müssen. Menschen in Krisen brauchen schnell Hilfe, damit ihr Leid sich nicht unnötig verschlimmert oder gar chronisch wird. Es kann nicht sein, dass ein stationärer Aufenthalt die einzige Möglichkeit für viele ist, um schnell Hilfe zu bekommen. Die Folgen für die betroffenen Menschen sowie auch die gesellschaftlichen Folgekosten sind nicht hinnehmbar. Psychische Erkrankungen haben 2015 Kosten in Höhe von knapp 45 Milliarden Euro verursacht und stehen zudem an zweiter Stelle der häufigsten Ursachen für betriebliche Fehlzeiten und sind Hauptursache für den Bezug von Erwerbsminderungsrenten. All dies macht deutlich – der Handlungsbedarf in der Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen ist enorm.
Auch der Sachverständigenrat Gesundheit kommt in seinem Gutachten zu dem Schluss, dass ein Ausbau der ambulanten und teilstationären Kapazitäten erforderlich sei. Gemäß den durchgeführten Befragungen wären knapp 20 – 30% der stationären Fälle vermeidbar gewesen oder hätten verkürzt werden können, wenn zusätzliche ambulante Angebote vorhanden gewesen wären. Zudem sei der sektorübergreifende Übergang von stationär nach ambulant weiterhin schwierig, denn eine zügige Behandlung zur Vermeidung einer Chronifizierung oder eine nahtlose ambulante Anschlussbehandlung nach einem stationären Aufenthalt seien laut Sachverständigenrat bisher keine Selbstverständlichkeit.
Damit Menschen in Krisen die Unterstützung bekommen, die sie brauchen, fordern wir Grünen schon lange eine grundlegende Reform der Versorgungsplanung für Psychotherapeut*innen, die sich am tatsächlichen Bedarf orientiert. Solange es noch keine bedarfsgerechte Versorgungsplanung gibt, müssen Patient*innen, sofern sie bei zugelassenen Psychotherapeut*innen keinen schnellen Platz für eine Psychotherapie erhalten, den Weg über die Kostenerstattung für eine Therapie in einer Privatpraxis gehen können. Denn die langen Wartezeiten sind nicht Ausdruck eines Mangels an Psychotherapeut*innen, sondern eine Folge der unzureichenden Bedarfsplanung. Insoweit ist das Problem hausgemacht und vermeidbar. Gesundheitsminister Spahn muss endlich zeigen, dass er das Problem der langen Wartezeiten und der großen ambulanten Versorgungslücken in der Psychotherapie ernst nimmt und zügig angeht.“