Seit vielen Jahren besteht dringender Reformbedarf bei der Psychotherapeutenausbildung. Schlechte oder gar keine Bezahlung der praktischen Tätigkeit in der Ausbildung, hohe Eigenfinanzierung, rechtliche Unsicherheiten sowie unklare Zugangsvoraussetzungen zur Ausbildung sind Schwachstellen, die dringend behoben werden müssen.
Wie prekär die Situation der PiA ist, lässt sich deutlich aus meiner Erhebung aus 2017 erkennen, daran haben sich mehr als 3500 Auszubildende beteiligt:
14 Prozent der Befragten bekommen keinerlei Vergütung und mehr als die Hälfte erhält 500 Euro oder weniger. Durchschnittlich liegt die Vergütung bei 639 Euro. Mehr als zwei Drittel sind auf Unterstützung durch Familie oder Partner*in angewiesen. Hinzu kommt, dass 36% ohne sozialversicherungsrechtliche Absicherung ihre Tätigkeit verrichten. Gleichzeitig übernehmen die PiA jedoch viel Verantwortung und leisten einen wichtigen Beitrag zu den Versorgungsleistungen.
Maßstab für die Reform muss deshalb sein, dass diese Probleme endlich gelöst werden. Zugleich müssen im geplanten Studium der Psychotherapie die Grundlagen für eine qualitativ hochwertige Ausbildung geschaffen werden. Der Gesetzentwurf zur Psychotherapeutenausbildung springt leider viel zu kurz und hat bislang noch schwerwiegende Mängel.
In unserem Antrag haben wir Änderungen in 10 Punkten angemahnt. Diesen finden Sie hier.
Kernpunkte:
Die Finanzierung der ambulanten Weiterbildung bleibt unzureichend. Wir brauchen eine Zusatzfinanzierung durch eine sozialgesetzliche Förderung, sonst werden weiterhin erhebliche finanzielle Kosten für Weiterbildungsleistungen auf die künftigen Psychotherapeutinnen und -therapeuten in Weiterbildung (PiW) zukommen.
Außerdem kann es nicht angehen, in der langjährigen Übergangszeit die prekäre finanzielle Situation der heutigen PiA achselzuckend weiter fortzusetzen.Hier brauchen wir Übergangsregelungen, die sicherstellen, dass auch die heutigen PiA nicht länger ihre praktische Tätigkeit als Praktikanten absolvieren müssen, sondern im Angestelltenverhältnis ordentlich vergütet werden.
Außerdem muss sichergestellt werden, dass alle vom Wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie als wissenschaftlich anerkannte Verfahren im Studium sowie vor allem auch die Besonderheiten der Behandlung von Patientinnen und Patienten aller Altersgruppen einschließlich Kindern und Jugendlichen umfassend und von Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten mit der entsprechenden Fachkunde gelehrt werden. Das Studium der Psychotherapie sollte zudem bei Einhaltung der Qualitätskriterien auch an Fachhochschulen bzw. Hochschulen für angewandte Wissenschaft möglich sein. Auch braucht es mehr Praxiserfahrung, als bisher vorgesehen.
Das Gesetz wäre nicht aus dem Hause Spahn, wäre nicht erneut eine höchst strittige Regelung zur Veränderung der Versorgung von psychisch kranken Menschen erhalten. Sieht es auf den ersten Blick so aus, als hätte die bisher größte Petition an den Bundestag zu einem Umdenken geführt, müssen wir doch befürchten, nur alten Wein in neuen Schläuchen zu bekommen. Die aktuelle Formulierung, den G-BA diagnosebezogen Behandlungsbedarfe festzulegen zu lassen, geht am eigentlichen Versorgungsbedarf für chronisch und schwer Erkrankte vollkommen vorbei.
Gerade für die Patientengruppe mit komplexem Behandlungsbedarf braucht es stattdessen ein bedarfsgerechtes regionales und angemessen finanziertes Versorgungskonzept, das gleichermaßen psychiatrische, psychotherapeutische und psychosoziale Hilfen berücksichtigt.
Die Versorgung von psychisch kranken Menschen ist eine herausfordernde und für unser gesundheitliches Wohlergehen eminent bedeutende Aufgabe. Der Erwerb dieser Qualifikation darf kein Hobby für Menschen aus gut betuchten Elternhäusern werden.