Rede im Bundestag vom 26. Januar 2017

Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist nicht das erste Mal, dass wir über die Unabhängige Patientenberatung sprechen,
(Tino Sorge [CDU/CSU]: Es wäre auch schlimm, wenn wir zum ersten Mal darüber reden würden!)
und ich bin mir ziemlich sicher, dass wir noch häufiger darüber sprechen müssen. Gleichzeitig muss man aber auch sagen: Die Ziele, die im vorliegenden Antrag der Linken niedergelegt sind – die Verstetigung der Unabhängigen Patientenberatung, die Trägerschaft durch die von uns gesetzlich bestimmten Patientenverbände, die im SGB V als die Patientenverbände festgelegt sind, die in den Gremien der Selbstverwaltung vertreten sind, die Sicherung der Unabhängigkeit und die Stärkung des Amtes des Patientenbeauftragten oder der Patientenbeauftragten der Bundesregierung –, sind in sich sinnvolle Ansätze, die sicherstellen, dass wir das, was wir hier alle immer so schnell betonen, nämlich den Patienten in den Mittelpunkt zu stellen, strukturell und durch konkrete Maßnahmen auch tatsächlich unterlegen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)
In dieser Wahlperiode gibt es in diesem Bereich allerdings erhebliche Mängel.
Wir haben 2011 einen wichtigen Schritt gemacht und aus der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland ein Regelangebot gemacht. Wir haben gesagt: Zu den Aufgaben unserer Krankenversicherung gehört es, dafür zu sorgen, dass die Patienten eine wirkungsvolle Struktur vorfinden, innerhalb der sie ihre Beteiligungsrechte auch ausüben können,
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
wo Informationen für sie bereitgestellt werden, wo sie sozusagen Anwälte finden, die sie empathisch und unabhängig in ihrem Sinn beraten und unterstützen. Das, meine Damen und Herren, war nach 15 Jahren eigentlich der Stand der Dinge, auf den wir uns fraktionsübergreifend geeinigt hatten. Eigentlich! Es gab einen Patientenbeauftragten, der sich wirklich als Anwalt der Patienten verstanden hat und das Konzept genau umgesetzt hat. Dafür hatte er immer meinen höchsten Respekt und meine höchste Anerkennung; das muss ich ganz klar für die letzte Wahlperiode sagen.
(Beifall der Abg. Kathrin Vogler [DIE LINKE])
Dann haben wir, nachdem unendlich oft evaluiert, ausgewertet und geprüft worden ist, gesagt: Ja, wir müssen etwas dafür tun, dass die Beratungsstellen auch in die Fläche kommen, damit wir mehr Anlaufstellen haben. Wir haben gesagt: Wir müssen das große Manko, das wir haben – wir konnten den tatsächlichen Bedarf nicht decken –, beheben. Diesen Schritt haben Sie als Große Koalition sogar getan. Aber was haben Sie gleichzeitig gemacht? Sie erhöhen die Mittel von 5 Millionen auf 7 Millionen Euro
(Reiner Meier [CDU/CSU]: 9!)
– auf 9 Millionen –, aber schließen gleichzeitig einen Vertrag mit längerer Laufzeit mit einem privaten Callcenter. Was hat das eigentlich zu bedeuten? Man hat echten Kahlschlag an einer ganz wichtigen Struktur begangen, und das muss man Ihnen wirklich vorwerfen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN – Maria Michalk [CDU/CSU]: Das ist absolut falsch!)
Schauen wir uns die gesamten Bewertungen, die es gibt, an. Wir haben mehrere Anfragen, auch Kleine Anfragen, gestellt. Es wurde deutlich: Die Versprechen, die der private Anbieter im Ausschreibungsverfahren getätigt hat, sind nicht halbwegs erfüllt worden.
(Maria Michalk [CDU/CSU]: Das ist doch nicht bewiesen!)
Im Ausschreibungsverfahren war die Rede von 200 000 Beratungskontakten. Man hat noch nicht einmal das geschafft, was bis dahin die alte UPD mit weniger Mitteln und mit weniger Menschen geschafft hatte.
(Maria Michalk [CDU/CSU]: Nach wie vielen Jahren? Das ist das erste Jahr!)
Sie haben vertraglich festgelegt, dass der neuen UPD ein Übergangszeitraum von einem halben Jahr eingeräumt wird, um die Vertragspflichten zu erfüllen. Aber nach einem halben Jahr war noch nicht einmal ein Bruchteil der Vertragsverpflichtungen erfüllt.
(Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es!)
Deshalb muss man wirklich von einem Kahlschlag an einer sehr sinnvollen Struktur reden. Man muss den Finger in die Wunde legen und sagen: So kann es nicht weitergehen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Ich habe die GKV und den Patientenbeauftragten angeschrieben und gefragt: Was macht ihr eigentlich? Uns liegen Zahlen vor, die belegen, dass die Ausschreibungszusagen nicht eingehalten worden sind. Dann wird gesagt: Bin ich nicht zuständig. – Der eine sagt: Ich bin nicht zuständig. – Der andere sagt ebenfalls, er ist nicht zuständig. So kann man nicht mit dem Geld der Versichertengemeinschaft umgehen. So darf das nicht weitergehen. Von daher werden wir weiter nachbohren: Werden die Zusagen erfüllt, die da vertraglich gegeben worden sind? Werden wir wirklich ein Beratungsangebot im Sinne der Patienten haben?
Wir müssen heute leider sagen: Es hat eine Entwicklung eingesetzt, in deren Ergebnis wir ein Callcenter mit mehr oder weniger abstrakten Gesundheitsinformationen haben.
Vizepräsidentin Ulla Schmidt:
Frau Abgeordnete, kommen Sie bitte zum Schluss.
Maria Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Aber der Einzelne mit seinem konkreten Behandlungs- und Fragebedarf, seinem Bedarf an psychosozialer Beratung, an rechtlicher Beratung bleibt auf der Strecke. So darf das nicht weitergehen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)