Die Grünen drängen angesichts der Corona-Pandemie auf eine bedarfsgerechte Verteilung von Reservekapazitäten. In der jetzt zugespitzten Situation muss sichergestellt sein, dass nicht nur COVID-19-Patientinnen und ‑Patienten sondern auch jeder andere Notfall, also beispielsweise auch ein Schlaganfall- und Herzinfarktpatient, oder auch Krebspatientin weiterhin eine gute Akutversorgung bekommen. Dazu brauchen wir eine möglichst optimal in den Versorgungsstufen abgestimmte und koordinierte Nutzung der Reservekapazitäten in der Krankenhaus-Notfallversorgung. Und diese muss auch durch entsprechende finanzielle Zusagen abgesichert werden. 

Maria Klein-Schmeink, stellvertretende Fraktionsvorsitzende und Sprecherin für Gesundheitspolitik:

„Die Grundidee der aktuellen, gesetzlich vorgesehenen Freihaltepauschalen ist gut. Es ist richtig, die bestmöglichste Versorgungsstufe sicherzustellen. Doch das derzeitige System unterstützt die überregionale und auch länderübergreifende Kooperation und die Umverteilung von Notfallpatientinnen und ‑patienten nicht ausreichend. Wir müssen jetzt dafür sorgen, dass Krankenhäuser aus Regionen mit geringer Auslastung ihre spezialisierten Versorgungskapazitäten freihalten, um im Falle der Überlastung in anderen Kreisen, auch in anderen Bundesländern, Notfallpatienten aufzunehmen. Jedes Krankenhaus, das Patienten in der entsprechenden Notfallstufe versorgt und dafür auch Kapazitäten vorhält, muss dafür eine finanzielle Absicherung erhalten.

Das bisherige Ausgleichssystem muss auf die zugespitzte Versorgungslage reagieren. Wenn also die Universitätsklinik in Lübeck und Kiel oder in Rostock und Greifswald freie Kapazitäten hat, sollen auch Patientinnen und Patienten, die in Bremen, Hamburg oder Berlin nur noch begrenzt behandelt werden können, dort versorgt werden. Die Politik muss die Anreize so gestalten, dass Vorhaltung und gegenseitige Entlastung, also echte Sicherstellung der Daseinsvorsorge belohnt wird.

Unabhängig von der aktuellen Corona-Notlage steht zudem die Frage im Raum, wie in Zukunft bedarfsnotwendige Krankenhäuser auch unabhängig von ihrer Inanspruchnahme besser finanziert werden können. Auch hier besteht Reformbedarf. 

Janosch Dahmen, Notfallmediziner und Gesundheitsexperte der Grünen Bundestagsfraktion:

„Das heutige Verteilungssystem von Notfall-Patientinnen und -Patienten scheitert in der Praxis – das war auch schon vor COVID19 der Fall. Jetzt hat das Thema durch die Dramatik der gegenwärtigen Pandemie lediglich eine größere Bühne bekommen. Operatives Krisenmanagement bedeutet, die vorhandenen Kapazitäten bestmöglich zu verteilen. Aus der Praxis kann ich berichten, dass die Politik derzeit Fehlanreize setzt. Nicht das freie Bett hilft einem Menschen in Not, sondern die Einheit aus freiem Bett, qualifiziertem Personal und erforderlicher, medizinischer Ausstattung einer Klinik, die jederzeit bereit ist, Notfälle vom Rettungsdienst aufzunehmen oder aus einem anderen Krankenhaus zu übernehmen. Wir sollten das Geld also nicht nach leeren Betten ausrichten, sondern daran wer in der Notfall- und Intensivmedizin jetzt Verantwortung übernimmt und entsprechend Ressourcen vorhält. Für Krankenhäuser sollte daher ein einfaches Prinzip gelten: Wer Menschen im Notfall hochqualifiziert versorgt, wird belohnt. Nur so bekommen wir jetzt eine spürbare Entlastung des Gesamtsystems.“