Während meiner mehrtägigen Hospitationstour bei verschiedenen VertreterInnen der Heilberufe habe ich zum Ende der parlamentarischen Sommerpause praxisnahe Einblicke in deren anspruchs- und verantwortungsvolle Arbeit erhalten.

Dülmen

Das Potential der Logopädie konnte ich in der Praxis für Rehabilitation und Logopädie – Rehalogo kennenlernen. Besonders beeindruckend war für mich die Motivation und Anstrengung zu erleben, die Kinder im Vorschulalter aufbringen, um Zisch-Laute nicht mehr zu vertauschen. Oder aber ein Patient, der nach mehr als einem Jahr Schlucktraining wieder etwas essen konnte und nicht mehr über die Sonde ernährt werden muss. Die therapeutische Arbeit der Logopädie ist enorm wichtig, z. B. können SchlaganfallpatientInnen häufig erst durch das Training mit den TherapeutInnen wieder schlucken oder sprechen. Umso unverständlicher ist es, dass die Krankenkassenentgelte für die Therapiestunden so niedrig sind. Das ist auch vor dem Hintergrund höchst bedenklich, dass die TherapeutInnen ihre Ausbildung selbst finanzieren müssen. Diese mangelnde Wertschätzung kann sich unsere Gesellschaft nicht leisten.

Rheine

Im Therapieraum am Humboldtplatz konnte ich das gesamte Behandlungsspektrum der Physio- und Ergotherapie sowie der Logopädie miterleben. Beeindruckend war, zu sehen, welche Behandlungserfolge z. B. für Schlaganfall- oder Parkinson-PatientInnen erreicht werden können und was dies für die Lebensqualität und die Wiedererlangung oder den Erhalt von grundlegenden Fähigkeiten bedeutet. Beschämend in diesem Zusammenhang: Für Hausbesuche werden von den Krankenkassen sehr geringe Fahrtkosten entgolten, die keinesfalls den Aufwand decken. Mit den ohnehin niedrigen Entgelten für die Behandlung können sich Praxen nicht viele solcher Patientenbesuche leisten. Ein Unding, wenn Menschen im ländlichen Raum deshalb kaum TherapeutInnen finden, die zu ihnen nach Hause kommen.

Münster

Das gesamte Spektrum der Behandlungsmöglichkeiten der Physiotherapie konnte ich in Münster praktisch miterleben. In Gesprächen mit den MitarbeiterInnen der Praxis von Gaby Montag wurde deutlich, dass es vielfältige Probleme mit der Verordnung gibt. Aus Furcht vor Budgetüberschreitungen gäbe es häufig Verordnungen mit zu wenig Terminen, um die Behandlungsziele zu erreichen; auch die einzelne Behandlungseinheit sei je nach Situation mit 25 Minuten oft nicht ausreichend, gerade um stark eingeschränkte Menschen angemessen zu versorgen.

Telgte

Über die medizinische Fußpflege, also die podologische Behandlung, wusste ich zuvor am wenigsten. Umso wichtiger war es, mitzuerleben, wie wichtig die Fußpflege z. B. für PatientInnen mit Diabetes ist. Ich kann nicht nachvollziehen, dass bislang z. B. MS-Erkrankte oder RheumapatientInnen keinen gesetzlichen Zugang zur Fußpflege haben, obwohl sie oft massive Probleme und Komplikationen an den Füßen haben. Auch hier besteht das Problem der Entgelte für den Hausbesuch.

In allen Praxen war deutlich: Die Zufriedenheit mit der beruflichen Tätigkeit ist hoch, alle klagen über sehr bescheidene Verdienstmöglichkeiten bei gleichzeitig hohem Engagement für die Fortbildung. Ein deutliches Problem ist der Fachkräftemangel. Freie Stellen können oft über Monate nicht neu besetzt werden.
Mein Fazit: Diese Therapieberufe sind von großer Bedeutung gerade für chronisch Kranke und Menschen mit einer Behinderung. Zugleich arbeiten hier hoch motivierte Menschen unter Rahmenbedingungen, die wir dringend verbessern müssen. Da ist die Abschaffung des Schulgeldes nur ein erster wichtiger, lange überfälliger Schritt. Ebenso wichtig ist die Anhebung der Entgelte für die Therapieleistungen. Sie müssen mindestens dem entsprechen, was als Handwerkerstunde üblich ist. Das therapeutische Können muss auch im Verhältnis zur ärztlichen Verordnung eine Aufwertung erfahren.