Anlässlich der heutigen Vorstellung des Abschlussberichtes der Arbeitsgruppe „Kinder psychisch und suchtkranker Eltern“ erklären Beate Walter-Rosenheimer, Sprecherin für Jugendpolitik, und Maria Klein-Schmeink, Sprecherin für Gesundheitspolitik:
Kinder psychisch kranker Eltern sind häufig auf sich allein gestellt, ihnen muss endlich geholfen werden. Wenn Eltern psychisch erkranken oder an einer Suchterkrankung leiden, hat das Auswirkungen auf die ganze Familie. Eigentlich sollten Eltern Sorge für Ihre Kinder tragen. Bei Kindern aus Suchtfamilien oder mit psychisch erkrankten Elternteilen ist es oft andersrum: Die Kinder fühlen sich für ihre Eltern und das Funktionieren der Familie im Alltag verantwortlich. Expertinnen und Experten sprechen hier von Parentifizierung. Diese Verantwortung ist nicht alters- und kindgerecht. Zusätzlich belastet werden sie häufig durch den aus Angst vor Stigmatisierung immer noch sehr hohen Schweigedruck in den Familien.
Kinder psychisch und suchtkranker Eltern sind deswegen ganz besonders auf ein unterstützendes soziales Umfeld und rechtzeitige sowie qualifizierte Hilfe angewiesen. Bei der Behandlung der Eltern werden Kinder bislang zu oft nicht mitgedacht und bleiben mit ihren Sorgen und ihrer Belastung häufig allein. Das erhöht ihr Risiko, später selbst seelisch zu erkranken. Kinder und ihre Familien benötigen sowohl alltagspraktische Unterstützung als auch medizinische beziehungsweise psychotherapeutische Versorgung. Es fehlt jedoch bisher an speziell zugeschnittenen Hilfs- und Präventionsangeboten, die die Kinder und ihre gesamte Familie in den Blick nehmen.
Es braucht zudem eine interdisziplinäre Kooperations- und Vernetzungsstruktur der beteiligten professionellen Akteure und Hilfssysteme, um den komplexen Hilfebedarfen in Familien mit psychisch und suchtkranken Eltern angemessen zu adressieren. Konkrete Empfehlungen seitens der Arbeitsgruppe liegen nun vor.
Wir erwarten, dass die zuständigen Bundesministerien für Gesundheit und für Frauen, Senioren, Familie und Jugend diese umsetzen und dafür zeitnah konkrete Regelungsvorschläge vorlegen. Die Unterstützung der Kinder muss breit in der Fläche und dauerhaft gewährleitest sein, ebenso wie die Frage der Finanzierung. Darüber hinaus braucht es eine bundesweite Aufklärungs- und Entstigmatisierungskampagne.
Der vom Parlament einstimmig beschlossene Bundestagsbeschluss liegt fast drei Jahre zurück. Weiterer Zeitverzug ist im Sinne der betroffenen Kinder und ihrer Familien nicht hinnehmbar.