Die Bundesregierung bleibt bei den Reformen zur psychotherapeutischen Versorgung auf halber Strecke stehen und verschließt die Augen vor dem Mangel an Behandlungsplätzen. Das zeigt die Antwort auf meine Kleine Anfrage an die Bundesregierung.
Die Bundesregierung ignoriert, dass mit der Einführung der neuen Leistungen wie der Sprechstunde und der Akuttherapie Kapazitäten für die klassischen Therapien wegfallen. Dadurch verschärfen sich die unzumutbar langen Wartezeiten für eine Psychotherapie noch weiter. Das Wissen um die Notwendigkeit einer Psychotherapie hilft den Betroffenen wenig, wenn sie weiterhin monatelang auf den eigentlichen Therapiebeginn warten müssen. Die ungenügende Versorgungslage trifft gerade schwer kranke Menschen, die eine Psychotherapie am dringendsten bräuchten. Ein schwer depressiver Mensch ist häufig gar nicht in der Lage zum Hörer zu greifen, um sich auf Therapeutensuche zu begeben, geschweige denn, bürokratische Antragsformulare auszufüllen.
Schon heute gibt es zahlreiche Regionen, in denen der rechnerisch ermittelte Versorgungsgrad weit über 100 Prozent liegt, Menschen aber tatsächlich monatelang auf einen Therapieplatz warten müssen. Es ist daher nicht hinnehmbar, dass die Bundesregierung tatenlos zuschaut, wie die Selbstverwaltung den gesetzlichen Auftrag zur Beseitigung der eklatanten Defizite in der psychotherapeutischen Versorgung verschleppt.
Damit Menschen in Krisen die Unterstützung bekommen, die sie brauchen, muss die Versorgungsplanung für Psychotherapeuten grundlegend reformiert werden. Zu einer hochwertigen Versorgung gehört auch, dass Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten eine angemessene Vergütung für ihre Arbeit erhalten, die sie nicht immer wieder vor dem Bundessozialgericht erstreiten müssen.
Gut ist, dass die Bundesregierung bestätigt, dass Patientinnen und Patienten weiterhin einen Anspruch auf Kostenerstattung für eine Richtlinientherapie haben können. Doch muss sie auch sicherstellen, dass Patientinnen und Patienten in der Praxis zu ihrem Recht kommen und nicht aus Gründen der Kostenersparnis von ihren Krankenkassen abgewiesen werden, wie zahlreiche Erfahrungsberichte von Patienten und Psychotherapeuten offenbaren. Wichtig ist auch, dass die Ausgaben für Kostenerstattungen wieder veröffentlicht werden, da sie ein wichtiger Indikator für unterversorgte Gebiete sind.