Zum aktuellen Gesetzentwurf der CSU in Bayern zum „Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz“ erklären Dr. Manuela Rottmann, Obfrau im Rechtsausschuss, und Maria Klein-Schmeink, Sprecherin für Gesundheitspolitik:
Die letzte große Reform der psychiatrischen Versorgung stammt aus den siebziger Jahren, und sie war ein großer Fortschritt für Patientinnen und Patienten und ihre Familien. Statt des bis dahin üblichen „Wegsperrens“ in großen psychiatrischen Einrichtungen, wurde mit der gemeindepsychiatrischen Versorgung die wohnortnahe, ambulante Hilfe und Integration für psychisch Kranke eingeführt.
Schnelle, flächendeckend erreichbare Hilfe bei akuten psychischen Krisen – das ist die Herausforderung für eine weitere Reform der psychiatrischen Versorgung. Seit vielen Jahren diskutieren Fachleute und die Öffentlichkeit über die Notwendigkeit eines solchen Angebots. So können Selbsttötungen und Fremdgefährdungen effektiver vermieden werden. So könnte erreicht werden, dass Krisen, die heute viel zu lange als Sicherheitsproblem wahrgenommen und behandelt werden, schnell als das erkannt und behandelt werden, was sie eigentlich sind: Ein medizinischer Notfall. Patientinnen und Patienten kämen schneller an die Hilfe, die sie brauchen. Und die Polizei würde von der Bewältigung von Krisen entlastet, für die sie gar nicht ausgestattet und zuständig ist.
Der Entwurf für ein „Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz“ der CSU in Bayern geht hingegen genau in die andere Richtung, zurück in die Zeit vor den 1970er-Jahren. Psychisch Kranke werden wie Straftäter behandelt. Psychiaterinnen und Psychiater werden zu Hilfsorganen der Polizei gemacht. Der Gesetzentwurf der CSU sorgt dafür, dass viele sich nicht mehr trauen werden, offen über ihr Leid zu sprechen und aus Angst vor Stigmatisierung oder Autonomieverlust das psychiatrische System meiden werden. Dabei sollte ein Besuch bei der Psychiaterin, beim Psychotherapeuten, dem Krisendienst oder der Beratungsstelle so selbstverständlich werden wie der Arztbesuch bei einem Beinbruch.
Echte Hilfe sieht anders aus! Statt Zwang und Stigmatisierung setzen wir auf niederschwellige Hilfsangebote, eine Stärkung der Suizidprävention und den Ausbau ambulanter Hilfe. Wir brauchen Behandlungsformen, die auf Freiwilligkeit setzen, auf Aufklärung, Information und Akzeptanz. Nur so kann Menschen in Krisensituationen schnell geholfen werden. Und nur so gewinnen wir mehr Sicherheit für alle.