Unter dem Motto „Münsterland energieautark 2050“ trafen sich am 22. Oktober 2011 Grüne aus dem Münsterland in Münster um gemeinsam Visionen und Zukunftsmodelle für eine erfolgreiche Energiewende im Münsterland zu erarbeiten. Mit dabei waren auch die drei Abgeordneten aus dem Münsterland Maria Klein-Schmeink (Mitglied des Deutschen Bundestages – MdB), Josefine Paul ( Mitglied des Landtags NRW – MdL) und Norwich Rüße (MdL). Getragen vom beschlossenen Ausstieg aus der Atomenergie, gilt es nach Meinung der Grünen schließlich auch im Münsterland die Zeichen der Zeit und den gestiegenen Willen durch breite Teile der politischen Landschaft zu nutzen, um den Weg hin zu 100-prozentiger Energieversorgung aus Erneuerbaren Energien (EE) zu ebnen.
So machte die grüne Bundestagsabgeordnete der Grünen aus Münster, Maria Klein-Schmeink, nach einer kurzen Begrüßung der TeilnehmerInnen auch klar: Die zentrale Akteure der Energiewende sind neben den Verbrauchern in besonderer Weise Kommunen, Gemeinden und Städte.Dass die Tagung in den Räumen der Stadtwerke Münster stattfand, darf als klares Zeichen gewertet werden, setzen diese sich als 100 % kommunales Unternehmen doch schon seit Jahren für den Ausbau der Erneuerbaren Energien ein.
Dass die Stadtwerke Münster bezüglich der Energieversorgung schon seit längerem den richtigen Weg eingeschlagen habe bestätige schließlich auch der Technischer Geschäftsführer der Stadtwerke Münster Dr. Andreas Hoffknecht in seinem Grußwort. Die Stadtwerke verstünden sich als Infrastrukturdienstleister, welcher attraktive Angebote zur Beziehung von Strom aus EE für Privatpersonen und Unternehmen bereitstellen würde. Wichtig seien neben dem beschlossene Ausbau des Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerks im münsterschen Hafen, auch Investitionen im Umland. Aus diesem Grund habe man jedoch bei den Stadtwerken Münster eine Investitionssumme von 300000 Euro eingeplant, ohne mit direktem finanziellen Profit zu rechnen. Die Stadtwerke erhofften sich mit diesen Investitionsmaßnahmen vielmehr ihr Image als Unterstützer der Erneuerbaren Energien zu stärken.
Vorträge
Im Anschluss an die Ausführungen von Herrn Dr. Hoffknecht erläutert die Bundestagsabgeordnete Bärbel Höhn den „Fahrplan BUND: sicher & erneuerbar“. Klar erläutere Frau Höhn, dass der beschlossene Ausstieg aus der Atomenergie zwingend zu einem Einstieg in die Erneuerbaren Energie werden müsse. Der schon seit Jahren von statten gehende Boom bei den EE, sei letztlich der Garant dafür dass dieser Wandel ohne Preisschock und Stromausfälle von statten gehen könne. 2011 sei schließlich das erste Jahr in dem es mehr Strom aus Erneuerbaren Energien, als aus Atomenergie geben werde. Wichtig sei jedoch diese Errungenschaft und die weitere Notwendigkeit einer Energiewende auch in den Köpfen der Bevölkerung fest zu verankern. Dass dies im Kohleland NRW eine besondere Herausforderung darstelle, zeigen auch die in NRW nur in geringem Umfang stattfindenden Diskussionen um den Betrieb von Kohlekraftwerken, sowie über den Bau neuer Kraftwerke. Klar sei jedoch, dass Kohle auf Grund seines hohen CO²-Ausstoßes bei der Umwandlung in Energie, keine geeignete Brückentechnologie darstellen könne. Konventionelles Erdgas (Achtung: nicht durch Fracking gefördertes unkonventionelles Erdgas!) hingegen seien als Brückentechnologie ideal geeignet. So ist der Bau eines Gaskraftwerkes deutlich kostengünstiger als der Bau eines Kohlekraftwerks und die Preise für Gas insgesamt gesunken, es entstünde zudem auch weniger klimaschädliches CO², weshalb deutlich weniger Zertifikate im Emissionshandel erworben werden müssten. Zu bedenken gab Bärbel Höhn allerdings, dass die Bundesregierung derzeit beim Ausbau der Erneuerbaren Energie nicht ehrgeizig genug handle und den Ausbau teilweise sogar gezielt abbremse. Grüne müssten deshalb weiterhin Druck ausüben, die ständigen Attacken auf EEG/Solar/Onshore-Wind abfangen, für den bürgerfreundlichen Ausbau der Stromnetze einstehen und auf die Umsetzung der EU-Effizienz-Richtlinie pochen. Als Schlüssel für den Energiewandel bezeichnete auch die Frau Höhn die Kommunen, welche gemeinsam mit starken Stadtwerken die kommunale Wertschöpfung durch Erneuerbare Energien verbessern könnten. Dadurch würde nicht nur die Akzeptanz in der Bevölkerung erhöht, sondern vor allem auch den Energiegroßkonzernen die Macht genommen, sich weiterhin gegen den notwendigen Wandel zu stemmen.
Im Anschluss an den Vortrag von Bärbel Höhn erläuterte die NRW-Landtagsabgeordnete Wibke Brems das neue Klimaschutzgesetz in NRW. Brems prangerte deutlich die in NRW überdurchschnittlich hohe Pro-Kopf-Co²-Emmission gegenüber anderen Bundesländern an, die im Mittel nur knapp unter dem Spitzenwert der US-Amerikaner läge. Zwar sei dieser hohe Wert auch dadurch zu erklären, dass 1/3 des Stroms für die Bundesrepublik immer noch in NRW hergestellt würden und NRW immer noch eine hohe Produktherstellung aufweise, allerdings müsse die Art der Energiegewinnung durch Braun- und Steinkohle kritisch hinterfragt werden. Letztlich sei unbestritten, dass NRW die bundesweite Schlüsselrolle in der Energiewende zufalle. Damit die Klimaschutzziele Deutschlands erreicht werden können, beschloss deshalb der Landtag NRW das neue Klimaschutzgesetz. Bis dies in etwa zwei Jahren tatsächliche ausgearbeitet ist, werden in NRW zunächst mit dem KlimaschutzStartProgramm zentrale Klimaschutzmaßnahmen auf den Weg gebracht. Langfristiges Ziel des Landes NRW sei es, mit dem sehr offen und flexibel gestalteten Klimaschutzgesetzes bei Strom, Wärme und Verkehr auf 100% Erneuerbare Energien umzustellen.
Den Weg hin zu einer klimaneutralen Energieversorgung zeigte im Anschluss dann Ulrich Ahlke vom Agenda 21-Büro des Kreises Steinfurt auf. Nachdem eine CO²-Bilanz Energieausgaben von jährlich 1,2 Milliarden Euro für den Kreis Steinfurt offenbart und lediglich 10 % regionaler Wertschöpfung, entwickelte man im Agenda 21 Büro die Vision eines energieautarken Kreises Steinfurt bis zum Jahr 2050. Hiervon sollte auch die angestammte Wirtschaft profitieren und die regionale Wertschöpfung in zehn Jahren auf 30% erhöht werden. In konkrete Umsetzung ging man schließlich mit Unterstützung des damaligen CDU-Landrates und vieler ansässiger regionaler Unternehmen. Für Ahlke eine ideale Voraussetzung um die Akzeptanz und Unterstützung in den Gemeinden zu erhöhen. Schließlich sprächen auch finanzielle Gründe für ein Engagement der Kommunen in diesem Bereich. Im Kreis Steinfurt zeige sich sehr deutlich, dass sowohl Energieerzeuger, Versorger und insbesondere auch Verbraucher ein großes Interesse am Projekt hätte und diese aktiv mit umzusetzen suchen. Viele Möglichkeiten zur Verbesserung der Energieversorgung und -reduzierung gäbe es schließlich noch, welche man in Zukunft durch die Entwicklung und den Aufbau eines regionalen Energiemanagements noch stärker herausarbeiten möchte. Auf diese Weise soll die Entwicklung neuer Projekte angestoßen und bereits laufende Projekte  evaluiert werden.

Die wirtschaftliche Bedeutung wurde schließlich auch vom Münsteraner Ratsherr Gerhard Joksch herausgestellt. Die Energiewende sei jedoch nicht nur eine gute Möglichkeit die regionale Wertschöpfung zu erhöht, sonder böte ebenso das Potenzial eine Vielzahl von nachhaltigen Arbeitsplätze zu schaffen. Als besonders geeignet zur Erhöhung der regionalen Wertschöpfung, hätten sich kommunale Energieparks erwiesen. In jenen städtebaulich integrierten Themenparks würden Raum für innovative Energietechnik und nachhaltige Anlageobjekte für Bürgerkapital geschaffen. In Münster habe man mit neuen Energiepark in Coerde auf eine infrastrukturell gut angeschlossenes Gebiet zurückgegriffen, wodurch man sich auch erhoffe, neben dem Schutz des Klimas, auch die Strukturen vor Ort weiter zu stärken und Raum für Innovationen aus Wissenschaft und Forschung zu schaffen.
Workshop
Nach den Vorträgen informierten und diskutierten die TeilnehmerInnen am Nachmittag in Workshops drei sehr unterschiedlichen Aspekten der Energiewende. Im ersten Workshop „Die Zukunft der Energiewende- CO²-neutral, kommunal, dezentral und demokratisch“ beleuchtete Ulrich Ahlke mit den TeilnehmerInnen die Möglichkeiten das vorgestellte Konzept des Kreises Steinfurt auf andere Kommunen zu übertragen. Als besonders wichtig wurden im Workshop zwei Aspekte identifiziert. Eine gute kommunale Energiepolitik müsse den Mut und das Selbstbewusstsein entwickeln, die kommunalen Energieinteressen vor die Privatwirtschaftlichen Interessen zu stellen. Außerdem sei es wichtig die Bürger möglichst niedrigschwellig in die Entwicklung von Projekten mit einzubeziehen.
Im zweiten Workshop unter der Leitung von Helmut Fehr von den grünen im Regionalrat Münster wurde „Windenergie im Münsterland – Eckpfeiler des Klimaschutzkonzeptes“ betrachtet. Grundsätzlich hätten die Kommunen durch die Einführung eines neuen Planungszeichens heute die Möglichkeit die Ausweisung von Windenergieflächen selbstbestimmt voranzutreiben. Grundsätzlich gäbe es in den Kommunen im Münsterland noch etliche Flächen die geeignet seien. Helmut Fehr ermutigte alle Ratsleute zu schauen wo in ihren jeweiligen Kreisen noch geeignete Flächen zur Verfügung stünden.
In dritten Workshop  „Klimaschutz und Naturschutz – Partner oder Konfliktpotenzial“ wurde von den TeilnehmerInnen sehr klar herausgearbeitet, dass Grüne Energiepolitik auch weiterhin das Zusammendenken von Artenvielfalt und Erneuerbaren Energien bedeuten müsse. Auf einen offenen Konflikt zwischen diesen beiden Positionen dürften Grüne sich in keinem Fall einlassen, betonte der Workshopleiter und landwirtschaftspolitische Sprecher der Grünen im Landtag NRW Norwich Rüße. Auch auf die Forderungen vielen Landwirte nach der Ausweisung neuer Nutzflächen dürfe im Münsterland nicht weiter eingegangen werden. Die Entwicklung hin zu billiger Fleischproduktion im Münsterland sei in keinem Fall nachhaltig und die Ansprüche der Landwirte darum auch nicht legitim. Vielmehr müssen die zunehmende Bodenknappheit ernst genommen und im globalen Kontext bewertet werden. 

Zum Ende der Tagung hob Josefine Paul noch einmal das Credo der Veranstaltung heraus: Die Energiewende kann nur mit Hilfe der Kommunen und Regionen vorangetrieben werden. NRW kommt dabei in Deutschland auf Grund seiner energiepolitischen Bedeutung eine Schlüsselrolle zu, die von den Verantwortlichen sehr ernst genommen werden muss. Neben allen Maßnahmen müssen gerade die Grünen den Mut aufbringen in der öffentliche Debatte auf Fehlentwicklung in unser aller Lebensführung hinzuweisen und die BürgerInnen dabei gleichzeitig motivieren, sich selbst für ein Umdenken in der Energiepolitik einzusetzen.