Es ist natürlich das gute Recht von Ärztefunktionären, auch mit unzutreffenden Argumenten die Bürgerversicherung zu kritisieren. Absolut verantwortungslos gegenüber den Patientinnen und Patienten ist es aber, mit Praxisschließungen zu drohen. Die Kassenärztinnen und Kassenärzte haben einen Versorgungsauftrag, für dessen Erfüllung sie von den gesetzlich Versicherten gut bezahlt werden. Diese Menschen wegen der finanziellen Interessen eines Teils der Fachärzteschaft in Geiselhaft zu nehmen, ist mit dem ärztlichen Berufsethos nicht vereinbar.
Davon abgesehen ist die Position der Ärztefunktionäre rückwärtsgewandt und reine Besitzstandswahrung. Das deutsche Krankenversicherungssystem steht vor großen Herausforderungen: Wie kann die Versorgung insbesondere des wachsenden Anteils älterer Patientinnen und Patienten qualitativ verbessert werden? Wie können nutzbringende aber oft teure medizinische Innovationen für alle Versicherten auch künftig erreichbar bleiben?
Der Status Quo mit dem Nebeneinander von gesetzlicher und privater Krankenversicherung ist darauf keine Antwort. Nötig ist stattdessen die Integration beider Systeme durch eine Bürgerversicherung. Dadurch entsteht eine stabile, verlässliche und solidarische Basis für unser Gesundheitswesen.
Alle Akteure sollten jetzt ohne ideologische Polemik über eine Reform diskutieren und überlegen, wie erste Schritte umgesetzt werden könnten. Bei der Einbeziehung von Beamten macht Hamburg vor, wie es gehen könnte. Die Wiedereinführung der paritätischen Finanzierung und die Senkung des Mindestbeitrags für Selbständige sind weitere wichtige Schritte.