Die Bundesregierung hält die private Krankenversicherung (PKV) für schutzbedürftiger als die in der PKV versicherten Rentnerinnen und Rentner mit niedrigen Einkommen. Anders kann man die beschönigenden und ausweichenden Antworten der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage unserer Fraktion zur Situation der Rentnerinnen und Rentner in der PKV nicht deuten.
Klar wird: Die Bundesregierung hat weder ein Rezept noch den Willen, dieses Problem zu lösen. Das zeigt die Antwort ganz deutlich. Nötig ist aus unserer Sicht eine Bürgerversicherung. Mit der Bürgerversicherung kommen alle Versicherten unter das schützende Dach einer solidarischen Krankenversicherung. Dies würde die Lage von Menschen mit geringen Einkommen deutlich verbessern. Nicht ohne Grund sprechen sich daher mehr als die Hälfte aller in der PKV versicherten Rentnerinnen und Rentner für ein gemeinsames Krankenversicherungssystem nach dem Vorbild der gesetzlichen Krankenkassen aus.

Starke Beitragssteigerungen in der PKV

Nach Ansicht der Stiftung Warentest sind die PKV-Prämien im Alter mindestens dreimal so hoch wie zum Vertragsabschluss. Vor diesem Hintergrund müssen PKV-Versicherte nach Berechnungen der Stiftung bis zu 220.000 Euro ansparen, um sich die im Rentenalter höheren Beiträge überhaupt leisten zu können.
Die Bundesregierung verschließt die Augen vor den sozialen Problemen, die durch die enormen Beitragssteigerungen in der PKV entstehen. Beitragssteigerungen treffen vor allem ältere Versicherte mit geringen Einkommen. Eine Untersuchung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK zeigte zum Beispiel für langjährig Versicherte Steigerungen im Zeitraum 1985 bis 2005 von bis zu 200 Prozent. 2016 betragen die Beitragssteigerungen für ältere Versicherte bei einzelnen Versicherungen bis zu 16 Prozent.

Immer mehr PKV-Versicherte haben Probleme

Die Zahl der (älteren) PKV-Versicherten, die Probleme haben, ihren Beitrag zu bezahlen, steigt vor diesem Hintergrund kontinuierlich an. Zwar hat die Bundesregierung auffällig häufig auf mangelnde Daten verwiesen. Deutlich ist aber, dass die Zahl der im Basis- und im Standardtarif versicherten Menschen in den letzten Jahren angestiegen ist. Beide Tarife sind für Menschen mit Beitragsproblemen gedacht. Sie bieten Leistungen unterhalb beziehungsweise auf dem Niveau der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) an. Die Beiträge orientieren sich am Höchstsatz in der GKV. Dieser beträgt derzeit im Monat 665 Euro. In beiden Tarifen sind überwiegend Menschen versichert, die älter als 60 Jahre sind. Die Zahl derjenigen, deren Beitrag wegen Hilfsbedürftigkeit nochmals um die Hälfte reduziert wird, ist zwischen 2009 und 2015 erheblich gestiegen.
Angestiegen ist auch die Zahl derjenigen, die im Notlagentarif versichert sind. Dieser Tarif ist geschaffen worden, um Versicherten mit Beitragsschulden eine Rückkehr in die PKV zu ermöglichen. Die Leistungen in diesem Tarif sind stark eingeschränkt, der durchschnittliche Beitrag beträgt im Monat rund 100 Euro. Bundesregierung und PKV interpretieren diesen Anstieg als Zeichen des Erfolgs des Notlagentarifs. Was unter den Tisch fällt: Bundesregierung und PKV verweigern Aussagen darüber, wie viele Versicherte überhaupt keine Beiträge zahlen können. Was die Bundesregierung außerdem nur am Rande erwähnt: Viele Versicherte verbleiben über einen sehr langen Zeitraum im Notlagentarif und haben daher sehr lange nur einen eingeschränkten Versicherungsschutz und können auch keine Altersrückstellungen aufbauen. Was im Alter zu Beitragsproblemen führen kann.