Zur Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage "Das Präparat Duogynon als Ursache embryonaler Fehlbildungen und die Entschädigung der Betroffenen" erklärt Maria Klein-Schmeink, gesundheitspolitische Sprecherin der grünen Bundestagsfraktion:
"Der Fall Duogynon ist wohl einer der letzten langjährig unaufgeklärten Arzneimittelskandale der Bundesrepublik. Tausende Frauen, die das Hormonpräparat von den 1950er bis in die 1980er Jahre einnahmen, gebaren Kinder mit Fehlbildungen.
Neu aufgetauchte Akten erhärten nun den seit Langem bestehenden Verdacht, dass der Hersteller Schering von der fruchtschädigenden Wirkung des Medikaments wusste, diese Erkenntnisse aber absichtlich zurückhielt. Teile des damaligen Bundesgesundheitsamtes (BGA) sollen bei dieser Vertuschung geholfen haben. In Großbritannien haben diese Informationen mittlerweile dazu geführt, dass eine großangelegte Untersuchungskommission den Fall neu aufrollt.
Die Bundesregierung jedoch sieht trotz zahlreicher Hinweise keine Notwendigkeit, die Rolle des BGA neu zu bewerten. Die Antwort auf unsere Kleine Anfrage zeigt ihr völliges Desinteresse an einer Aufklärung im Fall Duogynon; kritische Fragen werden entweder ausweichend beantwortet oder gänzlich ignoriert. Man muss sich schon anstrengen, die Augen zu verschließen, wenn man z. B. ein internes Papier, in dem sich ein leitender BGA-Mitarbeiter als „Advokaten der Firma Schering“ bezeichnet, mit der Aussage quittiert, das BGA sei seiner Rolle als unabhängige Arzneimittelaufsichtsbehörde immer ausreichend nachgekommen.
Während die Briten also ein hochkarätiges Expertengremium einberufen, hunderte Seiten Akten übersetzen lassen und sämtliche wissenschaftliche Studien einer Neuevaluation unterziehen, sieht die Bundesregierung „keine Veranlassung, weitere, aufwändige Untersuchungen alter Aktenbestände durchzuführen“. Sie ist nicht mal bereit, Gespräche mit den Geschädigten zu führen. Diese Haltung ist eine Missachtung aller Opfer von Duogynon. Das Leid, das ihnen damals zugefügt wurde, prägt ihr Leben bis heute. Anstatt weiterhin zu mauern, sollte die Bundesregierung dem Wunsch der Betroffenen nach Anerkennung und Unterstützung entsprechen und sie bei der lückenlosen Aufklärung unterstützen. Es ist an der Zeit, dem Fall Duogynon endlich die Beachtung zu schenken, die er verdient. Gesprächsoffenheit wäre ein Anfang; am Ende muss irgendeine Form der Entschädigung stehen."