Sehr geehrte Damen und Herren,
morgen wird das Beschneidungsgesetz im Bundestag verabschiedet. Ich möchte Sie darüber informieren welche Entscheidung ich bei diesem schwierigen ethischen Thema getroffen habe. Die grüne Fraktion hat die Abstimmung als Gewissensentscheidung freigegeben. Nach langer Abwägung der Argumente aus zahlreichen Diskussionen und auch eines umfangreichen grünen Fachgesprächs habe ich gemeinsam mit 65 Kolleginnen und Kollegen von Grünen, SPD und Linken, dem Bundestag einen alternativen Gesetzentwurf zur Beschneidung von Jungen unterzeichnet, der dem Recht des Kindes auf körperliche Unversehrtheit, dem Kindeswohl und dem Selbstbestimmungsrecht des Kindes stärker Rechnung trägt, als der vorliegende Gesetzentwurf der Bundesregierung.
Die Unterzeichner eint eine grundsätzliche Kritik an dem übereilten Gesetzgebungsverfahren, welches eine gründliche und eine der Schwere der hier berührten Grundrechtsfragen angemessene Auseinandersetzung mit dem Thema erschwert. Mit einem solchen Vorgehen wurde der Weg verbaut, mit einem längeren Diskussionsprozess und einen runden Tisch eine Lösung zu finden, die einen Ausgleich zwischen kinderrechtlichen  und  religionsrechtlichen Aspekten versuchen würde. Dies hat dazu geführt einen alternativen Gesetzesentwurf vorzulegen der eine medizinisch nicht indizierte Beschneidung unter Einhaltung bestimmter Anforderungen im Recht der elterlichen Sorge (§§ 1626 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs – BGB) regelt und grundsätzlich erlaubt.
Der Unterschied zum Vorschlag der Bundesregierung besteht darin, dass dieser Eingriff in die körperliche Unversehrtheit des Kindes nur mit dessen ausdrücklicher Einwilligung erfolgen darf, da es sich bei der Beschneidung um einen schmerzvollen und mit Risiken behafteten chirurgischen Eingriff handelt, der zu einer irreversiblen Entfernung eines sensiblen, erogenen und funktional wichtigen Körperteils führt.  Voraussetzung für die Zustimmung durch den Jungen ist die Vollendung des 14. Lebensjahres und seine Einsichts- und Urteilsfähigkeit.
Die Beschneidung muss darüber hinaus nach den Regeln der ärztlichen Kunst von einer Ärztin oder einem Arzt mit der Befähigung zum Facharzt für Kinderchirurgie/Urologie erfolgen. Der Gesetzentwurf zum Nachlesen findet sich hier:
http://dserver.bundestag.btg/btd/17/114/1711430.pdf

Mit freundlichen Grüßen
Maria Klein-Schmeink