Maria Klein-Schmeink, Sprecherin für Patientenrechte und Prävention und Ingrid Hönlinger, Obfrau im Rechtsausschuss stellen zum Gesetzesvorhaben Zwangsbehandlung nach Betreuungsrecht (BT.-Drs. 17/11513) gemeinsam fest:
Ärztliche Zwangsmaßnahmen im Rahmen einer betreuungsrechtlichen Unterbringung sind schwere Grundrechtseingriffe, sie dürfen nur „ultima ratio“ sein, sind also immer nur die allerletzte Möglichkeit, wenn keine andere, mildere Maßnahme möglich ist. Mit dieser Grundhaltung haben wir die Gesetzgebung zur Regelung der betreuungsrechtlichen Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme im Bundestag begleitet.
Infolge von Entscheidungen des Bundesverfassungsgericht (2011) und Bundesgerichtshof (2012) war der Bundesgesetzgeber aufgefordert, eine neue gesetzliche Grundlage für die betreuungsrechtliche Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme zu schaffen. Hierzu legte die Bundesregierung im November 2012 einen Gesetzentwurf mit rechtlichen Regelungen zur betreuungsrechtlichen Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme vor. Zunächst sah sie ein Eilverfahren vor, mit dem ohne Anhörung von Sachverständigen und ohne Einbeziehung des Gesundheitsausschusses das Gesetzgebungsverfahren an ein anderes Gesetz angehängt werden sollte.
Wir haben uns von Anfang an entschieden gegen diese Vorgehensweise ausgesprochen und werten es als Erfolg, dass die Bundesregierung daraufhin ein normales Gesetzgebungsverfahren mit einer öffentlichen Anhörung von Sachverständigen unter Beteiligung der gesundheitspolitisch zuständigen Abgeordneten durchgeführt hat. Dies hatte auch zur Folge, dass die Bundesregierung am 02.01.2013 und die Koalition am 11.01.2013 weitere Änderungen zu dem Gesetzesvorhaben vorlegten.
Bündnis 90/Die GRÜNEN haben zum Gesetzentwurf Änderungsanträge und einen Entschließungsantrag eingebracht. Denn immer noch fehlen vor allem Verfahrensregelungen, die die Grundrechte von psychisch kranken Menschen ausreichend schützen. Unsere Änderungsanträge beziehen sich unter anderem auf die Unabhängigkeit des ärztlichen Gutachters und seine Qualifikation und nehmen fehlende Leitaussagen des BGH mit auf: Vor einer Zwangsbehandlung muss „der ernsthafte, mit dem nötigen Zeitaufwand und ohne Ausübung von unzulässigem Druck unternommene Versuch vorausgegangen sein, seine auf Vertrauen gegründete Zustimmung zu erreichen“ (BGH XII ZB 130/12).
Unser Anliegen ist es, Zwangsbehandlungen künftig weitestgehend zu vermeiden. Hierzu sind auch Veränderungen im psychiatrischen Alltag erforderlich. Durch eine Verbesserung der Versorgungssituation müssen Zwangsbehandlungen möglichst entbehrlich gemacht werden. Der Willen des psychisch kranken Menschen ist so weitgehend wie möglich zu berücksichtigen.
Dazu schlagen wir den Abschluss von Behandlungsvereinbarungen als zweiseitigen Vertrag zwischen Patient und Behandler vor. Die Krankenhäuser müssen finanziell und personell in die Lage versetzt werden, patientenorientierten Behandlungsanforderungen zu genügen. Wichtig sind auch Nachsorgeangebote unter Einbeziehung von Psychiatrieerfahrenen und Angehörigen psychisch Kranker, die darauf ausgerichtet sind, das Auftreten einer psychiatrischen Krise frühzeitig zu erkennen.
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